Fotos von Jürgen Goldan
Götterfackeln
-Polarlichter im Norden-*
Fast geräuschlos gleitet das Schiff,
nur immer gen Norden, -unentwegt,
pechschwarze Nacht, eisklare Luft,
Melancholie die Gedanken trägt.
Doch das Auge hat sich gewöhnt,
Sterne funkeln über den Bergen,
Fjord-Wände gleiten vorüber,
schwarze Felsen schrumpfen zu Zwergen.
Arktische Nacht, magische Welt,
vorbei ziehen Inseln und Schären,
silbern umrändert sind Wellen,
Mondlicht spiegelt in Lichtermeeren.
Urplötzlich erhellt sich die Nacht
und ein hauchzartes Schwingen beginnt,
Bilder erscheinen am Himmel,
leuchtende Schleier im Farbenwind.
Wie Glas schießen Strahlen herab,
hell gebündelt, bunter und greller,
drehendes Grün, windendes Rot,
Rosa, Lila, alles wird schneller.
Es ist wie ein buntes Kunstwerk,
niemals fertig und doch ständig neu,
zuckendes Blau jagt Violett,
Lichtgemälde, -so zauberhaft scheu.
Der Himmel ist eine Leinwand,
wogendes Licht wirkt wie eingebrannt,
Nordlicht "Aurora borealis",*
'Götterfackeln am Himmel' genannt.
Und schließlich wird alles schwächer,
schnell dominiert wieder die Nacht,
das Phänomen ist zu Ende,
Dunkelheit statt lichtstürmender Jagd.
Unbeirrt weiter fährt das Schiff,
Schnee- und Eisfelder prägen die Sicht,
ganz plötzlich tauchen Berge auf,
schwarz und schroff sieht man Gipfel im Licht.
Ein neuer Tag bricht wieder an,
im Frühdunst funkeln Sonnenstrahlen,
in Gelb getaucht erscheint die Welt,
von Zauberhand wie angemalen.
Doch bald schon kommt die nächste Nacht,
sie bringt vielleicht das Leuchten zurück,
das Grün, das Rot, das zuckende Blau,
Götterfackeln, ach schenkt mir das Glück !
* entlang der norwegischen Küste bis zum Nordkap * nach dem Physiker Pierre Gassendi
© Wolfgang Seekamp, Okt.2016
Ende