Jugendliebe Lilli
-Eine wahre Geschichte, erzählt in 2 Abschnitten-
Der 1. Abschnitt beginnt im Jahr 1980:
Ein Weg am Ende der Straße, halb Gras, halb Sand,
Häuser mit Vorgärten, Bäume, Hecken und Pforten,
Hühner, Enten und hintenrum nur Ackerland,
Frauen am Gartenzaun mit lachenden Worten.
Ein kleiner Junge hockt auf dem Wege und malt,
zieht mit seinem Stock viele Linien und Kreise,
hinten ein Mädchen, es singt, ein Liedchen erschallt,
Lilli ist noch sehr klein, ihr Stimmchen ganz leise.
Ein paar Jahre weiter, der Junge ein Knabe,
freudig hüpft er den langen Weg entlang und lacht,
Lilli am Gartentor, hält fest ihre Gabe,
die Hälfte des Apfels ist nur ihm zugedacht.
Wieder zwei Jahre später, mit Ranzen im Arm
gehen beide zur Schule ihren Weg entlang,
die Gesichter gerötet, der Morgen ist warm,
und beide lachen und sprühen vor Tatendrang.
Ein Sommertag, Lilli ist hübsch und braungebrannt,
die Schule ist aus, schnell baden gehen zum Teich,
und atemlos war sie zu ihm herübergerannt,
er schmiegt sich fest an sie, ihre Haut ist sehr weich.
Ein Herbsttag, Lilli steht traurig am Gartentor,
denn drüben bei ihm werden heut Sachen verstaut,
er läuft schnell zu ihr, ein Umzug stehe bevor,
"die Eltern, -ich melde mich", so ruft er ganz laut,
-und Lilli -steht tonlos am Gartentor.
2. Abschnitt 2016:
Ein Weg am Ende der Straße, Asphalt und Stein,
Garagenauffahrten mit sehr großen Pforten,
Häuser, Rasen, Terrassen für den Sonnenschein,
Frauen halten Handy’s mit tönenden Worten.
Und nach unendlich langen Jahren kommt er zurück,
geht endlos langsam und schwer seinen Weg entlang,
und er begreift es bald, denn sein suchender Blick
merkt schnell, alles ist anders, sein Herz ist ihm bang.
Lange sucht er das Haus und das Haus 'gegenüber',
und wo ein Junge über den Weg läuft, macht er halt,
denn eine Frau ruft zum Kind, „bitte komm rüber“,
sie fürchtet ein Auto, vielleicht ist ihr nur kalt.
Die Frau sieht nett aus, kann es vielleicht Lilli sein?
Und als sie vorhin rief, klang die Stimme ganz leise,
ja, sie habe hier gewohnt, ging hier mal aus und ein,
in letzter Zeit sei sie sehr häufig auf Reise.
Ja es ist Lilli, zu Besuch bei ihrem Bruder,
er weiß es jetzt und sie weiß sofort, wer er ist,
und beide fühlen sich wie im Boot -ohne Ruder,
ziellos treibend auf dem Meer, schon ewig vermisst.
Und er geht den Weg zurück und ist aufgewühlt,
dass Lilli noch etwas spürt, er hat es gemerkt,
und er selber ein Tölpel, er hat es gefühlt,
sein Kopf ist ganz rot, sein Mund -wie immer versperrt.
Er weiß, sein Leben ist wie der Weg heut, aus Stein,
am Ende der Straße, viel Enttäuschung, kaum Glück,
Häuser, Rasen, Terrassen für den Sonnenschein,
ach Lilli, für mich zählt nur dein trauriger Blick.
Ein Weg am Ende der Straße, halb Gras, halb Sand,
doch er weiß jetzt, sein eigener Weg ist nun klar,
Lilli ich komme, kann niemals ohne dich sein,
ich nehm deine Hand, gleich sind wir ein Paar!
Hinweis: Diese Geschichte hat mir ein Freund erzählt.
Es ist seine eigene Geschichte.
Kurz bevor wir uns begegneten, hatte er geheiratet.
Lilli ist jetzt seine Frau!
© Wolfgang Seekamp, 2017
Eigene Fotos